Mittwoch, 11. Juni 2014

Zupfgras



"Ich höre nichts! Keinen Laut. Es ist mucksmäuschenstill!"" Klein-Genni hört kein Gras wachsen. Vielleicht macht das Grünzeug gerade Pause. Mifi schüttelt den Kopf, alle Schrebergärtner wissen doch: Gras wächst eigentlich immer. Deshalb heulen doch jedes Wochenende die Rasenmäher in den Nachbargärten auf.

"Was macht ihr da?" Aufgeregt kommt Jack heran gerudert und hat Angst, schon irgendetwas versäumt zu haben. "Ist das etwa besonderer Pflanzkram?"

"Nein, nein, nein, das ist ganz gewöhnliches Gras," beruhigt ihn Rosa. Sonst könnten sie jetzt ja auch nicht wissenschaftlich untersuchen, wie es klingt, wenn der Rasen wächst. Vielleicht hört man ja grüne Töne, wenn Genni daran ordentlich zieht und zerrt. Mifi findet, Zupfgras verfälscht doch das wissenschaftliche Ergebnis.

Albert hat ganz andere Probleme, als Jack zu ihm weiter rudert. Der Mäuserich in der hellblauen Samtjacke versucht so eine verflixte Ziehharmonika-Papierschlange auseinander zerren zu lassen. Und das Klippklapp-Buch ist dabei wirklich nur widerspenstig. 

Endlich ist der vordere Teil platt gepresst. Die drei Mäusemädchen helfen inzwischen eifrig mit, denn da scheint es wichtige Erkenntnisse für ihr Experiment zu geben: "Gras wächst nicht schneller, ..."

"Achtung! Nein ... nein ... nicht loslassen ... oh ... oh!" Albert schlägt die Pfoten über dem Kopf zusammen. Denn kaum versuchen die Mausemädchen das Spruchband zu entziffern, lassen immer mehr winzige Mausepfoten das plattgepresste Buch los, das sich sofort wieder zusammenzieht. Und eine kleine Maus allein kann die schiere Papiergewalt nicht mehr halten. Flappalappadapp!

Endlich haben sie auch die zweite Hälfte unter ihre Kontrolle gebracht. Alice zieht mit aller Kraft am Zugband am Ende, während die anderen Mäuse auf die hohen Spitzen drücken. Albert liest: "... wenn man daran zieht." "Seht ihr," ruft Genni, "Ich hab es doch gesagt, zupfen bringt nix."

"Da steht noch was ganz klein am Ende," stellt Alice fest: "... aus China," liest die weiße Maus vorsichtig vor. Vorsichtig, weil sie doch aufpassen muss, dass sie dabei das Zugband nicht sausen lässt. "Och, das gilt nur für Gras aus China," Rosa ist enttäuscht: "Albert, hast du auch ein Spruchband für Mitteleuropa?"

"Und, hab' ich was verpasst?" Miss Evie, die noch ein paar Runden mit dem Roller gedreht hatte. "Ich weiß nicht," Jack ist sich nicht sicher: "An Chinagras darf man nicht zerren und wenn man hier im Garten dran zieht, hört man nichts. Also, wenn das Wissenschaft ist, ist es ziemlich öde."


Idee: SchneiderHein    Fotos: W.Hein

Das kleine Leporellobüchlein, das hier die Deb Canham-Mäuse so eifrig platt machen, hat uns eine liebe Freundin geschickt. Es sollte uns aufbauen und bestärken, nichts krampfhaft beschleunigen zu wollen, was noch nicht seine Zeit hat. Nun ist es auch ein Teil der Mäusewissenschaft für Gras in unserem Garten.


1 Kommentar:

Nicola Hinz hat gesagt…

Was für eine schöne Geschichte mit so hübschen Tierchen und Bildern. Und tatsächlich auch so wahr - das mit dem Gras! : )
Liebe Grüße
Nicola